Zuerst
möchte ich alle Eltern und Leser bitten, nicht gleich in eines der
Lager der Befürworter oder Gegner der Impfungen einzutreten. Es geht
nicht um die vereinfachte Frage, "Impfung, ja oder nein?"
sondern eine sachliche Diskussion, "Impfungen, pro und
contra, welche? warum und warum nicht?"
Vor
allem sollten wir emotional beladene Äußerungen vermeiden, die
impfkritischen Eltern oft vorgeworfen werden, z.B. dass Eltern sich
unverantwortlich verhalten, wenn sie ihre Kinder nicht oder nicht
komplett nach STIKO-Empfehlungen impfen lassen. Ganz im Gegenteil,
diese Eltern nehmen ihre Impfentscheidungen für ihre Kinder zumeist
höchst ernst und verantwortungsbewußt. Letzendlich stellt jede
Impfung durch Injektion eine Körperverletzung dar und die
Durchführung benötigt die Einwilligung des Impflings bzw.
des Sorgeberechtigten. Diese individuelle Entscheidung über
welche Impfung für ihre Kinder und die optimale Zeit der
Durchführung treffen viele Eltern heutzutage sorgfältig nach vielen
Überlegungen. Der Arzt hat die Aufklärungspflicht, den
Impfling bzw. die Eltern über die zu verhütende Krankheit, die
Impfung und auch mögliche Nebenwirkungen und Impfkomplikationen zu
informieren, damit sie die Entscheidung selbstständig und
urteilsfähig machen können (laut "Spezielle Hinweise zur
Durchführung von Schutzimpfungen" der STIKO).
Die
Vorwürfe gegen die zögernden Eltern basieren meistens auf folgenden
Gesichtspunkten: Wohlwollende Verwandte wie Großeltern, die in
Zeiten gelebt haben, in den Infektionskrankeiten eine große
Lebensgefahr darstellten, meinen, "Impfungen schützen vor
Krankheiten, ohne Impfungen werden die Kinder krank". Der
Glauben an die Impfung stützt sich auf die Angst vor der Krankheit.
Eine andere Kritik stammt aus dem Argument, eine flächendeckende
Impfstrategie sorge für die Ausrottung einer Krankheit wie Masern
oder Hepatitis B. Alle diese Argumente sind für verschiedene
Krankheiten unterschiedlich geltend. Die verbesserten hygienischen
Umstände sowie Lebensbedingungen sind allgemein genauso
ausschlagebend wie die Verfügbarkeit der Impfungen bezüglich des
Rückgangs der Infektionskrankheiten. Die mögliche Komplikationen
einer Impfreaktion muß gengenüber einem gering gewordenen
Krankheitsrisiko abgewogen werden.
Das
Robert Koch-Institut in Berlin ist Sitz der Ständigen
Impfkommission (STIKO), die aus 16 Experten besteht, deren
Aufgabe es ist, die Empfehlungen für Schutzimpfungen in
Deutschland vorzubereiten. Es ist bekannt, dass einzelne Mitglieder
der Kommission mit Herstellern von Impfstoffen zusammen arbeiten. Es
ist auch bekannt, daß Ärzte Honorar für jede durchgeführte
Impfung bekommen. In den vergangenen Jahren hat sich die Liste der
empfohlenen Impfungen ständig verlängert. Bis zum 17. Lebensjahr
werden zurzeit Impfungen gegen 14 Krankheiten (13 für Jungen)
empfohlen, beginnend im 3. Lebensmonat eines Kindes. Bis zum
fünfzehnten Lebensmonat summieren sich bis zu 27 Einzelimpfstoffe
(einige werden in einer Spritze kombiniert), die verabreicht
werden sollten. Was für eine enorme Herausforderung an das
Reaktionsvermögen vom Immunsystem des jungen Organismus!
Als
homöopathisch arbeitende Kinderärztin werde ich oft gefragt, ob es
etwas wie eine "homöopathische Impfung" gibt. Die Antwort
ist nein. Wenn es Aussagen gäbe, dass die Verabreichung von
homöopathischen Mitteln auf bestimmte Krankheiten vorbeugend wirkt,
sind diese wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Die Homöopathie
ist eine Behandlungsmethode, die bei Krankheiten eingesetzt
werden kann, deren Verordnung sich auf die Symptome der schon
ausgebrochenen Krankheit stützt und ist im engsten Sinn keine
Prophylaxe. Insofern müssen wir in der Impfdebatte auf die
Homöopathie verzichten.
Ich
schreibe diese Bemerkungen im Anschluß zu dem letzten Essay über
"Der Erlkönig", Goethes Ballade über ein sterbendes Kind
und meine Gedanken über Kindersterblichkeit zu Zeiten von Franz
Schubert. Vielleicht wurde das Kind, das beim Sterben in seiner
Erkrankung phantasiert hat, von einer Masern Encephalitis geplagt? In
diesen Zeiten wären Impfungen sehr gebraucht worden. Es waren
Zeiten, als ein schwer krankes Kind in der Nacht auf dem Pferd zum
Arzt gebracht werden musste. Ein Kollege aus den USA erzahlte mir
einmal, wie er als krankes Kind im Winter in Upstate New York mit dem
Schlitten zum Arzt gefahren wurde. Heutzutage würde keine Mutter in
Europa das einem kranken Kind antun. Der Kinderarzt würde zum
Hausbesuch gebeten. 2001 habe ich als Mitglied der "Ärzte für
die Dritte Welt" in den Philippinen ehrenamtlich gearbeitet. Da,
wo Infektionskrankheiten viele Kindesleben fordern, haben wir die
Impfungen gewissenhaft durchgeführt. Da sterben auch viele
Kleinkinder an Duchfallkrankheiten. Dafür hatte man leider keine
verfügbare Impfung. Im Gegensatz dazu halte ich die Impfung gegen
Rotaviren (die schweren Durchfall verursachen) hierzulande für nicht notwendig.
Wir
werden in den nächsten Artikeln auf die einzelnen Krankheiten und
Schutzimpfungen eingehen.
Vielen Dank für diesen fundierten Artikel, der mich weiterhin in meiner persönlichen Entscheidung bestätigt.
AntwortenLöschen