Samstag, 22. April 2017

Allgemeine Bemerkungen zu Impfungen


Zuerst möchte ich alle Eltern und Leser bitten, nicht gleich in eines der Lager der Befürworter oder Gegner der Impfungen einzutreten. Es geht nicht um die vereinfachte Frage, "Impfung, ja oder nein?" sondern eine sachliche Diskussion, "Impfungen, pro und contra, welche? warum und warum nicht?"
Vor allem sollten wir emotional beladene Äußerungen vermeiden, die impfkritischen Eltern oft vorgeworfen werden, z.B. dass Eltern sich unverantwortlich verhalten, wenn sie ihre Kinder nicht oder nicht komplett nach STIKO-Empfehlungen impfen lassen. Ganz im Gegenteil, diese Eltern nehmen ihre Impfentscheidungen für ihre Kinder zumeist höchst ernst und verantwortungsbewußt. Letzendlich stellt jede Impfung durch Injektion eine Körperverletzung dar und die Durchführung benötigt die Einwilligung des Impflings bzw. des Sorgeberechtigten. Diese individuelle Entscheidung über welche Impfung für ihre Kinder und die optimale Zeit der Durchführung treffen viele Eltern heutzutage sorgfältig nach vielen Überlegungen. Der Arzt hat die Aufklärungspflicht, den Impfling bzw. die Eltern über die zu verhütende Krankheit, die Impfung und auch mögliche Nebenwirkungen und Impfkomplikationen zu informieren, damit sie die Entscheidung selbstständig und urteilsfähig machen können (laut "Spezielle Hinweise zur Durchführung von Schutzimpfungen" der STIKO).
Die Vorwürfe gegen die zögernden Eltern basieren meistens auf folgenden Gesichtspunkten: Wohlwollende Verwandte wie Großeltern, die in Zeiten gelebt haben, in den Infektionskrankeiten eine große Lebensgefahr darstellten, meinen, "Impfungen schützen vor Krankheiten, ohne Impfungen werden die Kinder krank". Der Glauben an die Impfung stützt sich auf die Angst vor der Krankheit. Eine andere Kritik stammt aus dem Argument, eine flächendeckende Impfstrategie sorge für die Ausrottung einer Krankheit wie Masern oder Hepatitis B. Alle diese Argumente sind für verschiedene Krankheiten unterschiedlich geltend. Die verbesserten hygienischen Umstände sowie Lebensbedingungen sind allgemein genauso ausschlagebend wie die Verfügbarkeit der Impfungen bezüglich des Rückgangs der Infektionskrankheiten. Die mögliche Komplikationen einer Impfreaktion muß gengenüber einem gering gewordenen Krankheitsrisiko abgewogen werden.
Das Robert Koch-Institut in Berlin ist Sitz der Ständigen Impfkommission (STIKO), die aus 16 Experten besteht, deren Aufgabe es ist, die Empfehlungen für Schutzimpfungen in Deutschland vorzubereiten. Es ist bekannt, dass einzelne Mitglieder der Kommission mit Herstellern von Impfstoffen zusammen arbeiten. Es ist auch bekannt, daß Ärzte Honorar für jede durchgeführte Impfung bekommen. In den vergangenen Jahren hat sich die Liste der empfohlenen Impfungen ständig verlängert. Bis zum 17. Lebensjahr werden zurzeit Impfungen gegen 14 Krankheiten (13 für Jungen) empfohlen, beginnend im 3. Lebensmonat eines Kindes. Bis zum fünfzehnten Lebensmonat summieren sich bis zu 27 Einzelimpfstoffe (einige werden in einer Spritze kombiniert), die verabreicht werden sollten. Was für eine enorme Herausforderung an das Reaktionsvermögen vom Immunsystem des jungen Organismus!
Als homöopathisch arbeitende Kinderärztin werde ich oft gefragt, ob es etwas wie eine "homöopathische Impfung" gibt. Die Antwort ist nein. Wenn es Aussagen gäbe, dass die Verabreichung von homöopathischen Mitteln auf bestimmte Krankheiten vorbeugend wirkt, sind diese wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Die Homöopathie ist eine Behandlungsmethode, die bei Krankheiten eingesetzt werden kann, deren Verordnung sich auf die Symptome der schon ausgebrochenen Krankheit stützt und ist im engsten Sinn keine Prophylaxe. Insofern müssen wir in der Impfdebatte auf die Homöopathie verzichten.
Ich schreibe diese Bemerkungen im Anschluß zu dem letzten Essay über "Der Erlkönig", Goethes Ballade über ein sterbendes Kind und meine Gedanken über Kindersterblichkeit zu Zeiten von Franz Schubert. Vielleicht wurde das Kind, das beim Sterben in seiner Erkrankung phantasiert hat, von einer Masern Encephalitis geplagt? In diesen Zeiten wären Impfungen sehr gebraucht worden. Es waren Zeiten, als ein schwer krankes Kind in der Nacht auf dem Pferd zum Arzt gebracht werden musste. Ein Kollege aus den USA erzahlte mir einmal, wie er als krankes Kind im Winter in Upstate New York mit dem Schlitten zum Arzt gefahren wurde. Heutzutage würde keine Mutter in Europa das einem kranken Kind antun. Der Kinderarzt würde zum Hausbesuch gebeten. 2001 habe ich als Mitglied der "Ärzte für die Dritte Welt" in den Philippinen ehrenamtlich gearbeitet. Da, wo Infektionskrankheiten viele Kindesleben fordern, haben wir die Impfungen gewissenhaft durchgeführt. Da sterben auch viele Kleinkinder an Duchfallkrankheiten. Dafür hatte man leider keine verfügbare Impfung. Im Gegensatz dazu halte ich die Impfung gegen Rotaviren (die schweren Durchfall verursachen) hierzulande für nicht notwendig.
Wir werden in den nächsten Artikeln auf die einzelnen Krankheiten und Schutzimpfungen eingehen.

1 Kommentar:

  1. Vielen Dank für diesen fundierten Artikel, der mich weiterhin in meiner persönlichen Entscheidung bestätigt.

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