Die
Beobachtung einer natürlichen Immunität, die manche
Infektionskrankheiten nach der Erkrankung hinterlassen, hat zu dem
Versuch geführt, diesen Schutz künstlich zu erzeugen. Schon
vor über eintausend Jahren waren solche Impfversuche in der
chinesischen und später auch in der arabischen Medizin bekannt,
wobei man durch dosierten Kontakt mit dem Krankheitserreger (das
wichtigste Beispiel in der Geschichte der Medizin sind die Pocken) zu
einem möglichst günstigen Zeitpunkt und günstigen Bedingungen den
Schutzeffekt erzielen wollte. Bei diesem Vorgehen muss mit den
Risiken der Erkrankung und möglichen schweren Folgen gerechnet
werden.
Am
14. Mai 1796 führte der englische Arzt Edward Jenner die
erste Pockenimpfung mit einem Impfstoff aus Kuhpocken-Pusteln durch.
Die weitere Entwicklung ist ein lehrreiches Beispiel in der
Geschichte der Impfung, gekennzeichnet durch Teilerfolg, deutlich
erkennbare Impfschäden und die Verdrängbarkeit einer Krankheit in
ein späteres Alter mit selteneren kleinen Ausbrüchen. Laut Jenners
eigener Beurteilung litt sein Sohn unter schweren Impfschaden. Der
nächste Meilenstein war die Entdeckung der Mikroben durch Louis
Pasteur (1822-1895). Der zeitgenössische deutsche Mediziner und
Nobelpreisträger Robert Koch (1843-1910) war der Entdecker
des Tuberkelbakteriums und Entwickler der Tuberkulin-Impfung. Eine
erste Reihe von Impfstoffen gegen “die großen Seuchen" wurde
entwickelt: Pocken (1798), Tollwut (1885), Pest (1897), Diphtherie
(1925) , Tuberkulose (1927), Tetanus (1927). Mit den
wissenschaftlichen Fortschritten konnten nach dem zweiten Weltkrieg
weitere Impfstoffe auch gegen Viruserkrankungen entwickelt werden:
Kinderlähmung (Totimpfstoff 1955, Lebendimpfstoff 1962), Masern
(1964), Mumps (1967), Röteln (1970) und Hepatitis B (1981).
Ein
kritischer Rückblick zeigt, dass wohlverdiente Fortschritte oft mit
Opfern und Zwischenfällen einhergehen, was auch der
Geschichte der Menschheit entspricht. Am 8. April 1874 erklärte die
deutsche Regierung die Pockenimpfung zur Pflichtimpfung. Gleichzeitig
wurde eine Entschädigung den Impflingen zugesprochen, die unter den
Nebenwirkungen litten. Es wurde dokumentiert, daß unter dem WHO
Impfprogram mit der Polio Schluckimpfung und gleichzeitiger Gabe der
DPT (Diphtherie-Keuchhusten-Tetanus)-Impfung die Kinderlähmung um 1980 in Indien stark zunahm statt
ab. Man hatte den Zusammenhang mit den Wildpolioviren unter
tropischen Bedingungen noch nicht erkannt. Immer wieder mussten
Impfstoffe wegen anfänglich nicht erkannten Nebenwirkungen aus dem
Markt genommen werden. Auf Grund von Hirnshäden bis hin zu
Todesfällen war der frühere Keuchhustenimpfstoff von 1974 bis 1991
in Deutschland ausgesetzt worden. Erst 1997 gab es eine offizielle
Stellungnahme zur neurotoxischen Belastung quecksilberhaltiger
(Thiomersal) Impfstoffe vor allem bei Säuglingen. Danach wurden alle
betroffene Impfstoffe in Deutschland vom Markt genommen. Statt
Thiomersal wird als Konservierungsmittel jetzt meistens
Phenoxyethanol eingesetzt.
Solche kollektiven Erfahrungen
aus der Geschichte gerechtfertigen eine zunächst eher zurückhaltende
und abwartende Haltung statt Euphorie gegenüber der
Einführung eines neuen Impfstoffes wie z.B. der HPV Impfung für
Jugendliche.
Der interessierte Leser wird auf
die vielen Veröffentlichungen zu diesem Thema verwiesen. Darunter
ist das Buch "Impfen, Pro & Contra" von Dr.
Martin Hirte wohl am bekanntesten. In der aktualisierte
Neuauflage März 2015 werden zahlreiche Dokumentationen und Quellen
angegeben.